Ich habe lange überlegt worüber ich in meinem nächsten Blog schreiben soll, da mich so viele Themen bewegen. In meiner Arbeit als Sozialpädagogin und Familienmentorin (LSB) in freier Praxis sowie in meinem privaten Umfeld, fällt mir immer mehr auf, dass es große Unterschiede und Meinungen darüber gibt, was Kinder brauchen. Da ich drei Kinder alleine groß gezogen habe, hab ich aus Sicht einer Mutter, Sozialpädagogin und psychologische Beraterin natürlich auch eine Meinung und widme daher meinen Blog dem Thema "was Kinder brauchen" und zwar in mehreren Teilen.
Teil 1 WERTE:
Wir lernen Werte schon von Geburt an, aus unterschiedlichsten Quellen, von den Eltern, Großeltern, Kindergärtnern/Kindergärtnerinnen, Lehrern/Lehrerinnen und allen anderen wichtigen Bezugspersonen. Die wichtigsten Vorbilder sind meiner Meinung nach jedoch meistens die Eltern. Von ihnen erfahren Kinder in den ersten Lebensjahren alles, was sie wissen müssen. Danach kommen noch andere Vorbilder wie z. B. Schauspieler, Sänger oder Freunde dazu. Laut Jesper Juul gibt es keine Beweise dafür, dass bestimmte Werte für das Wohlergehen der Familie wichtiger sind als andere. Es ist aber von hoher Bedeutung, dass in einer Familie überhaupt Werte vorhanden sind, und dass den Eltern bewusst ist, dass Kinder das Lernen was ihnen vorgelebt wird. Dadurch können ihnen schon im Alltagsleben Werte wie Höflichkeit und Respekt, Ehrlichkeit, Rücksichtnahme uvm. vermittelt werden.
Leider bemerke ich oft, dass Eltern sich nur beklagen über ihre „schlimmen“ Kinder. Es scheint als wäre ihnen nicht bewusst, dass kein Kind auf die Welt kommt mit dem Gedanken „Ich mache meinen Eltern das Leben zur Hölle“. Nein, Kinder sind das Produkt ihrer Eltern. Sie lernen aus dem, was ihnen vorgelebt wird. Manche Eltern verlieren bei den kleinsten Problemen das eigentliche Ziel, nämlich die Kinder zu autonomen Mitgliedern der Gesellschaft zu erziehen, aus den Augen und können ihnen nicht mehr den nötigen Halt und Orientierung geben. Eine Erziehung zu moralischem Verhalten ist sicherlich nicht einfach, besonders da wir uns in einer Zeit befinden in der sich Werte ständig und rasch wandeln. Hinzukommt, dass wir mit den unterschiedlichsten Kulturen zusammen leben und diese verschiedene Werte- und Moralsysteme haben. Alle Eltern wollen „gute Kinder“ und natürlich, dass sie gute Erwachsene werden. Aber was sind „gute Kinder?“ Kann man das pauschalisieren? Kann man seine Kinder zu „guten Kindern“ erziehen? Ich denke, dass jeder der Kinder hat grundsätzlich sein Bestes gibt. Ich denke; es ist wichtig, dass wir uns als Eltern unserer eigenen Werte bewusst sind und uns im Umgang mit den Kindern reflektieren.
Um Kindern Werte vermitteln zu können, ist es nötig, dass ihnen Wärme und Geborgenheit entgegengebracht wird. Liegen Eltern im ständigen Clinch miteinander, verunsichert das womöglich die Kinder und wird eventuell zu einer existentiellen Bedrohung für sie. Um sich gesund entwickeln zu können, benötigen sie emotionale Sicherheit und Zuverlässigkeit. Die Interessen, Rechte und Bedürfnisse von Kindern zu achten bedeutet für mich aber nicht, dass man sie verwöhnt, mit Geschenken überhäuft oder ihnen gar alles durchgehen lässt. Kinder brauchen liebevolle aber feste Grenzen.
Bei einem Vortrag von Herrn Dr. Rogge zum Thema „Viel Spaß in der Erziehung“ blieb mir dazu folgendes hängen: „Kinder sehen keine Grenze - die stehen nicht da und sagen: ‘Oh da ist eine Grenze, da muss ich jetzt stehen bleiben.‘ Nein sie gehen über die Grenze direkt rein ins Nirwana.“ Dazu brauchen sie wiederum die Eltern die ihnen die Grenzen aufzeigen, liebevoll aber bestimmt.
Er sprach auch davon, wie wichtig es ist, dass die Eltern untereinander einen liebevollen Umgang pflegen sollten und dass sie die Beziehung pflegen müssen. Ähnliches schreibt auch Steve Biddulph in seinem Buch „Das Geheimnis glücklicher Kinder“. Es fühlt sich für mich stimmig und nachvollziehbar an.
Kinder lernen aus dem was wir ihnen vorleben. Ich kann den Kindern nicht vermitteln, dass sie freundlich und höflich zu ihrer Großmutter sein müssen wenn sie vielleicht sehen, dass ich selber keinen liebevollen Ton für diese übrig habe. Ihrem Vater gegenüber könnten sie auch den Respekt verlieren, wenn ich sagen würde:“ Jetzt kommt der Alte schon wieder heim.“ Wie ich schon erwähnte, Kinder sind das Produkt ihrer Eltern.
Es bringt auch nichts seine Kinder zu betiteln wie: „Das ist mein ´Sorgenkind´ Dennis“. Nein, einfach nur: „Das ist mein Sohn Dennis.“ Da steckt eine ganz andere Bedeutung dahinter. Nämlich die, das ich zu meinem Sohn stehe, egal was er macht oder sagt. So zeige ich ihm dass er wichtig ist und so ok ist, wie er ist.
Dr. Rogge erzählte bei seinem Vortrag auch die Geschichte des „verlorenen Sohnes“ aus dem Evangelium. Und sein Schlusssatz war: „Wenn sie diese Geschichte verstanden haben dann haben sie Erziehung verstanden.“
Dann ist es egal was Kinder machen, ob der Sohn betrunken von der Polizei nach Hause gebracht wird oder die Tochter die mitten in der Pubertät steckt mitten unter fremden Leuten brüllt: “Das ist scheiße!“ Wenn man einfach nur sagt: „Ja das ist mein Sohn/meine Tochter.“ Dann gibt man ihnen das Gefühl der Geborgenheit und die Sicherheit dass sie getragen werden und dass sie WERTVOLL sind.